Tramway and Electrical Lighting Equipment in Czernowitz

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35 Jahre
Elektrizität in Cernauti
(Aus einem Gespräch mit dem Direktor Ing. Hildebrand)

Czernowitz feiert heute das 35-jährige Jubiläum der Einführung des elektrischen Lichtes und des Tramway-Verkehres in dieser Stadt.
Während das Gas für Beleuchtung und  Heizzwecke in die Bukowina bis heute keinen Eingang gefunden hat, wurde elektrisches Licht schon in den neunziger Jahren in Czernowitz, allerdings nur vorübergehend, verwendet. Damals hat man bei einem Ball der akademischen Verbindung „Lesehalle“ im Musikvereinssaale für einen Abend eine Maschine aufgestellt, die durch ein Lokomobil angetrieben wurde und zum ersten Male elektrisches Licht aufleuchten ließ, was ungeheueres Aufsehen erregte. Kurze Zeit darauf installierte der damalige Pächter des „Hotel Central“, Silber, im Keller des Gebäudes ein Lokomobil mit einer elektrischen Lichtmaschine und beleuchtete damit die Hotelanlagen. Damit war der erste Schritt zur Benützung der Elektrizität für Beleuchtungszwecke in der Bukowina getan und das Interesse der Bevölkerung für diese Beleuchtungsart geweckt.
Im Jahre 1895 hat die Stadtgemeinde Czernowitz sich entschlossen, ein Werk für Beleuchtungszwecke zu errichten, wobei längere Zeit darüber verhandelt wurde, ob Gas oder Elektrizität zu diesem Zwecke einzuführen wären. Im Bestreben, mit dem Fortschritt zu gehen, entschloß man sich schließlich für die Errichtung eines Elektrizitätswerkes. Der Betrieb für Licht- und Kraftzwecke wurde im Jahre 1896, der Betrieb der Straßenbahn am 1. August 1897 aufgenommen.
Durch die Schaffung des Elektrizitätswerkes und der Straßenbahn tat die Stadt Czernowitz einen großen Schritt nach vorwärts und wurde dem  Westen nicht nur näher gebracht, sondern konnte diesem zum Teile als Vorbild gelten, da Mitte der neunziger Jahre nicht viele Städte des Westens Elektrizitätswerke und nur wenige Städte Europas elektrische Straßenbahnen besaßen. Allerdings hatten die Weststädte damals bereits Gaswerke und empfanden den Mangel an elektrischem Licht nicht im gleichen Umfange wie bisher Czernowitz. Den Vorrang hatte damals Czernowitz sogar der damaligen Reichshauptstadt Wien gegenüber, da selbst diese sich für die Straßenbeleuchtung des Gasflügelbrenners (das Auerlicht war noch nicht erfunden) und der Pferdetramway, sowie des Pferdeomnibusses bediente. Aehnlich stand es in jenen Zeiten auch in Berlin.
In den Anfängen des Betriebes des Elektrizitätswerkes und der Straßenbahn hatte dieses Unternehmen mit materiellen Schwierigkeiten zu kämpfen, da die Bevölkerung in der ersten Zeit den Wert und die Wohltaten des elektrischen Lichtes noch nicht erfassen konnte, ja in einigen Fällen sogar diesem „Teufelswerk“ feindselig und ablehnend gegenüberstand.
Die ersten Gebäude, welche in Czernowitz das elektrische Licht einführten, waren das „Hotel Central“, Hotel „Schwarzer Adler“ und der Stadtmagistrat. Für die Straßenbeleuchtung wurde das elektrische Licht nur im Stadtzentrum eingeführt, während die Peripherie der Stadt sich noch immer mit den tieftraurig brennenden Lampen auf rotweißgestrichenen Holzpfählen begnügen mußte. Doch auch für die elektrische Straßenbeleuchtung wurde nahezu bis in die letzten Jahre der Vorkriegszeit nur in den Hauptstraßen der innersten Stadt Bogenlampen benützt, während die übrigen Straßen sich mit Glühlampen begnügen mußten. Erst allmählich erkannte die Bevölkerung die Vorteile des elektrischen Lichtes, sodaß schon im Jahre 1901 die Elektrizitätswerksanlage um einen neuen Maschinensatz erweitert werden mußte.
Die elektrische Straßenbahn, von der bei Betriebserrichtung und in der ersten Betriebszeit sich insbesondere die untersten Schichten der Bevölkerung ziemlich fern hielten, (weil sie nicht erfassen konnten, wie es möglich war, daß die großmächtigen Wagen ohne Pferdevorspann durch die Straßen rollen und mancher geneigt war, zu glauben, daß der böse Geist mit im Spiele wäre, da die Wagendeichsel sich auf dem Dache befand und die Räder an den Schienen infolge der Besandung der neuerbauten Strecke langmächtige Feuergarben zogen), litt anfangs an Defizit. Schon nach kurzer Zeit jedoch kam die Bevölkerung zur Ueberzeugung, daß behufs Zeitersparnis und der Möglichkeit, um billiges Geld und besonders den Bahnhofsberg zum Ringplatz leicht hinaufzukommen, die Benützung der Straßenbahn von Vorteil sei. Dadurch erhöhte sich die Frequenz der Straßenbahn, sodaß schon im Jahre 1899 der Wagenpark um vier neue Straßenbahnwagen auf 12 erhöht wurde.
Der Fortschritt der Technik brachte um das Jahr 1900 den Dieselmotor, so daß auch unser hiesiges Elektrizitätswerk im Jahre 1903 einen Dieselmotor zwecks weiterer Vermehrung der Leistung zur Aufstellung brachte. Hiebei ist es besonders bemerkenswert, daß wieder Czernowitz dadurch bahnbrechend wirkte, daß der erste 250 P. S. Dieselmotor hier zur Aufstellung gelangte.
Allmählich wurde der Aktionsradius für die Versorgung mit Elektrizität erweitert, das Interesse der Bevölkerung erhöht und dadurch war die Notwendigkeit weiterer Ausbauten der Elektrizitätswerksanlagen erforderlich geworden. Da aber die Werkanlagen in der Althgasse nahe dem Abhang gegen den Klocucicabach errichtet wurde, weil die Universität bei Errichtung des Werkes Einspruch gegen den Bau desselben hinter den Universitätsinstituten erhoben hatte, war die Erweiterung dieser Werkanlagen im Rutschterrain nicht mehr möglich, sodaß man schließlich im Jahre 1911 an die Errichtung eines neuen modernen Hochspannungsdrehstrom-Werkes in der Pruthgasse schreiten mußte, welches am 27. April 1912 mit zwei Dieselaggregaten je 500 P. S. in Betrieb genommen wurde. Schon im Jahre 1913 wurde auch dieses neue Werk um ein neues Aggregat von 500 P. S. erweitert.
Auch der Wagenpark der Straßenbahn wurde in der Zwischenzeit vermehrt und die ursprünglich eingeleisig gebaute Bahnstraße durch eine Doppelgeleiseanlage zwischen Volksgarten und Pruthbrücke erweitert.
Im Jahre 1921 schritt die Gemeinde, welche schon im Jahre 1909 die im Besitze der Fa. Schuckert & Co. befindlich gewesenen Aktien ganz übernommen hatte und Alleinbesitzerin des ganzen Gesellschaftsvermögens war, zur Auflösung der Aktiengesellschaft und Kommunalisierung der Werkanlagen. In diesem Jahre wurde auch das neue Werk um einen Doppelturbinenaggregat von 2000 P. S. von der Siemens Schuckert und der ersten Brünner Maschinenfabrik A. G., im Jahre 1931 um einen weiteren Turbinenmotor von 5000 P. S. von der Fa. Brown-Bowery erweitert. Auch der Wagenpark wurde inzwischen weiter vermehrt und beträgt 24 Motorwagen und zwei Aufladewagen. Durch die Aufstellung dieses 5000 P. S. Aggregates wurde ermöglicht, daß auch die Vorstädte in den Beleuchtungsrayon einbezogen wurden. M. L. (Der Tag, Czernowitz, 12.06.1932)

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