Category Archives: Music

Eduard Weissmann (1943-2019) • Zwei Nachrufe • Two Obituaries

Eduard Weissmann and Götz Teutsch (2017) • Photo by courtesy of Christel Wollmann-Fiedler

Eduard Weissmann and Götz Teutsch (2017) • Photo by courtesy of Christel Wollmann-Fiedler

Gedenken an Eduard Weissmann

Götz Teutsch: »Und jetzt noch einen Witz«. Ohne diese Verabschiedung konnte man nicht nach einem Treffen mit Edy gehen. Edys Witze, das sich Verbergen hinter dem Witz, einem Czernowitzer Jüdischen Witz, war die Maske dieses wunderbaren Menschen. Wenn es ihm elend ums Herz wurde – kam ein Witz. Witze gesprochen in seinem wunderbaren Czernowitzer Dialekt, haarscharf gedacht und unverwechselbar. Hinter diesem Witzeerzähler verbarg sich eine wunderbare feine Seele. Eine Seele die unendlich viel gelitten, die immer seine verlorene Heimat suchte und die durch das erzählen von Witzen sie für sich und uns wieder auferstehen ließ. Geboren in Czernowitz, vertrieben, herumgeirrt und in Bukarest als Kind gelandet. 
Da haben wir uns kennen gelernt. Beide Schüler des Musikgymnasiums in Bukarest. Und beide studierten wir Cello beim gleichen Lehrer. Seit der Zeit waren wir Freunde. Alle beide sind wir nach Berlin gezogen und hier war Edy Cellist des Radio Symphonie Orchesters (RSO- heute Deutsches Symphonie Orchester). In der Philharmonie trafen wir uns oft vor Proben und Konzerten. Immer war Edy dieser feine, stille, meist etwas traurige alte Freund – und ohne den Witz gingen wir nicht auseinander. Auf seine Anregung haben wir gemeinsam eines meiner schönsten Projekte in der Berliner Philharmonie gemacht: „Czernowitz is gewen an alte, jidische Schtot…“ . Immer hatte ich das Gefühl, es ist eine kleine Liebeserklärung an meinen alten Freund. Und nun hat uns dieser wunderbare Freund auf immer verlassen. Czernowitz und wir alle trauern.
Schalom, lieber Edy! • Götz Teutsch

Hedwig Brenner, Othmar Andrée, Eduard and Gabriele Weissmann (2011)

Eduard Weissmann and Christel Wollmann-Fiedler (2011)

Eduard Weissmann 1943 – 2019

Christel Wollmann-Fiedler: Czernowitz, die berühmte deutsch-jüdische Literaturstadt der Donaumonarchie war seine Stadt, die Stadt seiner Familie, die Stadt, in der er, Eduard Weissmann, 1943 zu Zeiten des Ghettos geboren wurde. Der Gemeinderabbiner der Synagoge in der Rykestraße am Prenzlauer Berg in Berlin, selbst ein Czernowitzer, erzählte in sehr schönen Worten wie ein alter Freund über Eduard Weissmann. An einem sonnigen Februartag dachten wir in der kleinen Kapelle auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg an Edy, wie er genannt wurde, dachten an ihn, den Cellisten und geistreichen Erzähler. Rabbi Ronis weiß viel über ihn, seine Frau Gabriele und über die Tochter Nadine. Von ihr, der Tochter Nadine, einer berühmten Mezzosopranistin, lasse ich mir über ihren Vater erzählen. In eine durch und durch musikalische Familie wird Edy geboren, seine Mutter Alma ist eine begnadete Sängerin. Als junges Mädchen bekommt sie Gesangsunterricht beim Kantor der Großen Synagoge in Czernowitz, dem später weltberühmten Tenor Josef Schmidt. Deportationen und der Krieg verhindern eine weitere professionelle Ausbildung, doch bis ins hohe Alter singt sie und begleitet sich auf der Gitarre, erinnert sich Nadine, die Enkelin. Für ihren Sohn Edy sucht Alma das Klavier aus, doch Freude bereitet es ihm kaum, eher wird das Instrument zur Qual, dann wird es das Cello. Die Freude ist nicht übergroß, doch soll es das Instrument seines Lebens werden. Eduard Weissmanns Familienschicksal in Czernowitz ist geprägt durch die beginnenden antisemitischen Ausschreitungen nach dem Ende des 1. Weltkriegs in Rumänien. Der junge hochbegabte Orchesterleiter eines Balalaikaensembles, der jüngere Bruder der Mutter Alma, wird von Rumänischen Faschisten gefasst, verhört, ihm werden die Fingernägel gezogen und aus dem 3. Stock wird er geworfen. Mitte zwanzig ist Edi Wagner als er ermordet wird, auf dem Jüdischen Friedhof in Czernowitz liegt er begraben. Die tragische Geschichte des Onkels und seines Namensgebers wird Eduard Weissmann bis in den Tod begleiten, ihn nie mehr loslassen. 1945 flieht die Czernowitzer Familie Weissmann nach Bukarest, wie viele andere jüdische überlebende Familien damals. Eingeschult wird Edy in eine Deutsche Schule, später besucht er das Musikgymnasium und beginnt anschließend das Cellostudium an der Musikhochschule in Bukarest. Die Eltern stellen in der Volksrepublik Rumänien den Ausreiseantrag für Israel, der Antrag für ein anderes Land wird nicht genehmigt. 1966 verlassen sie mit Sohn Eduard Rumänien, werden einige Wochen in Neapel sein und landen im Flüchtlingslager in Nürnberg. Edys Mutter Alma möchte nicht nach Israel, in Düsseldorf werden sie ankommen, wo schon der eine oder andere Verwandte oder Freund eine neue Heimat gefunden hat. Edy muss ohne sein Cello das kommunistische Rumänien verlassen, darf es nicht mitnehmen in den Westen und kann monatelang nicht üben. Mit einem Empfehlungsschreiben seines Bukarester Professors wird er als Student bei Professor Gaspar Cassado an der Kölner Hochschule für Musik auf einem geliehenen Instrument vorspielen. Sein Vorspiel ist so gut, dass Professor Cassado noch am gleichen Tag ein Stipendium für Edy arrangiert und ein Zimmer im Studentenwohnheim bekommt er auch. Kurz darauf stirbt sein Lehrmeister Cassado und das Studium beendet er bei einem anderen Professor. Es folgt ein einjähriges DAAD Stipendium für Venedig und Edy bekommt die Möglichkeit im Orchestra La Fenice hin und wieder mitzuspielen. Zwischenzeitlich bewirbt er sich als Cellist beim RIAS-Symphonieorchester in West-Berlin und geht 1970 nach Berlin. Die Familien Weissmann und Gold kennen sich aus Czernowitz, treffen sich später in Bukarest wieder, wo Gabriele Gold geboren wird. Professor Dr. Gold verlässt über Umwege mit Ehefrau und Tochter Rumänien. Bis zu seiner Pensionierung ist er als Immunologe an der Universität Bristol in England tätig. Gabriele Gold, die Tochter, studiert in London und arbeitet einige Jahre in Genf. Die Hochzeit von Edy Weissmann und Gabriele Gold wird 1972 in Bristol stattfinden, zusammen gehen sie nach West-Berlin in den Stadtteil Wilmersdorf, 1974 wird dort Nadine, das einzige Kind von Gabriele und Eduard Weissmann geboren. Seit über vierzig Jahren ist Charlottenburg das Zuhause der Weissmanns. Eduard Weissmanns Synagoge und die seiner Frau und seiner Tochter ist die liberale Synagoge in der Pestalozzistraße in Berlin – Charlottenburg, wo der Gottesdienst von einem Chor und einer Orgel begleitet wird. In einem Hinterhof liegt das Gotteshaus und konnte während der Novemberpogrome 1938 von den Nazis nicht niedergebrannt werden. 1994 sterben die Eltern von Edy Weissmann kurz hintereinander und werden auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße im Grunewald im Berliner Westen beerdigt. Von Rabbi Ronis hören wir, dass Edy Weissmann ein großer Förderer und auch der größte Kritiker seiner Tochter Nadine, der Opernsängerin, ist, die auf großen Bühnen dieser Welt auftritt. Gabriele und Eduard Weissmann reisen um die Welt, um bei jeder Opernpremiere der Tochter dabei zu sein. Mit dem Song „Papa, Can You hear Me“, aus dem Film „Yentl“ von Barbra Streisand verabschiedet sich Nadine, die Mezzosopranistin, von ihrem Vater, dem Musiker, dem Cellisten, dem geistreichen Erzähler. Er, Edy, hat dem Gesang Nadines gelauscht.
Berlin, Februar 2019 • Christel Wollmann-Fiedler

Götz Teutsch on Cello, Jewish Composers and Jewish Literature in Czernowitz, interviewed by Christel Wollmann-Fiedler, published by Israel Nachrichten [Israel News] in November 2017.

Glimpses of Youth Activities in Pre-War Bucovina

The Orchestra and Choir of the Aron Pumnul Liceum, conducted by Prof. Sava Arbore, in April 1940, prior to departure to Bucharest for a live performance at Radio Bucuresti. Prof. Alfred Schneider: “I am the second accordion player from the left; The cello player in the front was known to us as Burschi Schwefel, you met him as Radu Armsa, a retired high official and diplomat in post WWII Romania; the student in the right corner of the last row was the son of the Mayor of Czernowitz Marmeliuc; there were several Jewish students in this picture, notably the first violinist at the left in the first row.”

The Marching Band of the Aron Pumnul Liceum. Prof. Alfred Schneider: “The date of the parade on the Siebenbuergerstrasse was June 8,1940, on the birthday of King Carol II. I am the first accordion player on the right. Three weeks later, soldiers of the Red Army were marching there and singing ‘Moskwa moya…’. Later in October I marched there with my school carrying banners hailing the great Stalin before a reviewing stand on which stood an honorary group of German SS soldiers, in Czernowitz to supervise the ‘repatriation’ of the Volksdeutschen.”

Four Jewish strajeri (successor organization to the Boy Scouts) at the public school in Wiznitz. Prof. Alfred Schneider: “The photo was taken in 1936, we were in third grade of Public Elementary School in Wiznitz. I am standing, the three other boys who survived Transnistria were Bertl Koller (left) and Baruch Winter (right), both later lived in Israel, Erwin Rosner (front) lived in Chile (?). The photo caused an international incident*: when my uncle in New York received it he was very upset, promptly returned it noting that his nephew giving the Hitler salute is an insult! He must have forgiven me, because in 1948 he sponsored my immigration to the U.S.”
[*The raised right hand (Roman) salute was certainly not a traditional Romanian Boy Scout salute. The Romanian Scouts (cercetasi), abolished in 1935, used the international three-finger salute. King Carol II, trying to counteract the growing fascist movement, started to change from a constitutional to an authoritarian rule. In 1938, all political parties were abolished and replaced by the Front of National Renaissance (Frontul Renasterii Nationala) and the Straja Tarii youth organization became an integral part of the Front. The spoken salute accompanying the raised right hand was “sanatate”, which translates to Gesundheit or Heil in German.The similarity with the Hitler salute was not accidental.]

Courtesy: Prof. Alfred Schneider, Professor Emeritus of Nuclear Engineering Georgia Tech and MIT

Jewish Women in Music and Dance

Editorial Notice: http://www.hartung-gorre.de/Brenner_VI.htm
Amazon: https://goo.gl/D5gg8p

Excerpt from the preface by Rita Calabrese: “[…] Dieser Band VI und hoffentlich nicht letzter ist der Musik und dem Tanz gewidmet. Nicht nur Stars wie Barbra Streisand, Amy Winehouse und Bette Midler sind zusammen mit Sängerinnen aus vielen Zeiten zu finden, sondern auch Pianistinnen und Violinistinnen zusammen mit Komponistinnen, die in Fanny Mendelssohn ihre Vorläuferin hatten, sowie auch Dirigentinnen. Auffallend ist die lange Liste der Künstlerinnen, die ein tragisches Ende in Auschwitz-Birkenau und anderen KZs gefunden haben, darunter die Pianistinnen Mathilde Borgenicht und Leopoldine Oppenheimer, die Violinistin Alma Rose, die Nichte Gustav Mahlers. Andere hingegen haben dank der Musik überleben können, wie Esther Bejarano und Fania Fenelon, die über das Orchester in Auschwitz geschrieben haben, Yvette Assaeler, Grete Klingsberg, Rachel Knobler und andere. Zu erwähnen ist auch Lin Jaldati, die während der Deportation Anne Frank kennengelernt hatte. Als eine der ersten hat sie die jiddische Musik in der DDR bekannt gemacht. Noch etwas zu diesem wertvollen Werk muss man hervorheben, und zwar die verdienstvolle Verfasserin. Geboren im k.u.k. Czernowitz, das später rumänisch wurde und längst zur Ukraine gehört, ist Hedwig Brenner über politische, geschichtliche und sprachliche Grenzen nach Israel gekommen, wohin sie das kostbare Erbe der deutschsprachigen jüdischen Kultur mitgenommen und einen neuen Anfang als Schriftstellerin gewagt hat.Im Hebräischen heißt Leben Chajim und ist Plural. Wie kaum eine andere zeigt Hedi Brenner die Vielfalt und Unschätzbarkeit der menschlichen Existenz, und dafür danken wir.”

Hedwig Brenner in April 2014

Meyer Ebner on Leibu Levin – 1935

From Ruth Levin, an article from the “Ost-Yiddishe Zeitung”, 2.6.1935:

“…Dr. Landau introduced to the audience a young man whose name
should not be forgotten. Probably, we’ll hear from him again and again.

Levin isn’t a singer, rather he’s an artistic reader. He’s not a reader, rather
he’s an actor. As a matter of fact he’s all in one: singer, artistic reader, actor
and poet. Why also poet? He reads to us only the poems of others, does he not?
That being so, this is the secret of his art. He reveals what is hidden between the lines.
He brings the poet to completion. He draws from the poet’s soul riches the poet himself
did not know of, riches that were hidden in his sub-conscious…

Frequently the words of the text in his mouth serve solely as a stimulus that awakens –
just for a passing moment – the poetic spiritual inheritance of his own, and that has
always to be born anew, like the music.

The art of Leibu Levin needs not only to be heard, though, but also to be seen. He himself
one has to hear and see, how he breathes into the dim hall, into the pearls of strangers’
poetry, his young burning soul, the creative, sometimes ecstatic, and sometimes weeping
soul…  His profound understanding drew one deeply into the fables of
Eliezer Steinbarg and the ballads of Itzik Manger.

From time to time the reader becomes singer, and only when he was seen as well as heard,
did I finally understand the meaning of the old expression “to sing and to say”
regarding troubadours and minnesingers. When his spoken word passes to song, it reminds me
of a flying ship hovering above the earth and taking off to the blue heavens…

Talent is as rare as gold. From the gold it is possible to forge a holiday crown for
priests who serve gods and it is possible to pay with it the penance for sinful impurity…

Talent can be refined to capture surpassing art, or can descend to cheap popular
entertainment. It seems to me that all in Leibu Levin aspires toward and is uplifted to the
shining heights of noble art .”

Dr. Meyer Ebner
The newspaper “Ost-Yiddishe Zeitung”, 2.6.1935

Ostjüdische_Zeitung_1935_00169 Kopie

Sara Schmidt mother of Joseph

From Oren Saraf:

At the cemetery of Gura Humora, we found the grave of Sara Schmidt, the mother of Joseph Schmidt.

My grandfather , Dr. Scharfstein, was born in Gura Humora, and After becoming an ENT doctor, he lived in Czernowitz. (I am sure that the tonsils of some of our CZ-L members were removed by him in the ‘30’s.)

My ant remember that around ’36 or ’37, Joseph Schmidt came from Vienna to see Dr. Scharfstein for some problem he had in his throat. After the treatment they had privet recital at home.

Oren Saraf

The grave of Sarah Schmidt, mother of Joseph Schmidt at Gura Humora Romania

The grave of Sarah Schmidt, mother of Joseph Schmidt at Gura Humora Romania